Was Stress uns über Verbindung lehrt

Eine Einladung, Stress als Teil unseres Lebens zu verstehen – und Verbindung wieder spürbar werden zu lassen.

Stress ist mehr als Anspannung.
Er kann auch eine leise Einladung sein, uns selbst wieder näher zu kommen –
mit Achtsamkeit, Kontakt und einem neuen Verständnis von Verbindung.

Abstrakte Bleistiftzeichnung in Schwarz-Weiß, inspiriert von Moonassi – Symbol für Verbindung, Raum und Balance.

1) Stress – der stille Begleiter im Alltag

Stress kennt fast jeder. Manchmal ist er laut und offensichtlich – Herzklopfen, Druck, Gereiztheit. Aber oft ist er still. Er begleitet uns, ohne dass wir es gleich merken.

Vielleicht morgens, wenn der Tag beginnt und schon die Gedanken rasen. Oder beim Arbeiten, wenn der Atem flach wird und die Schultern spannen. Vielleicht, wenn das Handy vibriert und wir sofort reagieren. Oder wenn wir das Gefühl haben, selbst in der Freizeit nicht wirklich abschalten zu können.

Stress zeigt sich auf viele Arten: als Anstrengung, ständig verfügbar zu sein, als innere Getriebenheit, oder als Gefühl, nicht genug zu sein – egal, wie sehr wir uns bemühen.

Oft ist Stress so vertraut geworden, dass wir ihn gar nicht mehr „merken“. Er ist da wie ein Hintergrundrauschen – so selbstverständlich, dass Stille ungewohnt wird.

Sanfte Stille: Wenn du merkst, dass Stille zu viel ist, wähle eine weiche Form davon: einen Blick aus dem Fenster, eine Hand auf dem Brustbein oder das Spüren deiner Füße am Boden.

Denn in der Stille beginnen wir zu spüren, was wir wirklich brauchen – und wonach wir uns vielleicht schon lange sehnen. Manchmal ist das ungewohnt, weil Ruhe auch Nähe bedeutet: zu uns selbst, zu unseren Gefühlen, und zu dem, was im Außen auf Resonanz wartet.

Vielleicht erkennst du dich in manchen Momenten wieder: wenn du schnell wirst, obwohl niemand drängt. Wenn du lachst, aber innerlich müde bist. Oder wenn du merkst, dass du kaum atmest, obwohl alles „gut“ ist.

2) Wenn der Körper reagiert

Wenn das Leben Druck macht, reagiert der Körper. Das Nervensystem wird wacher – nicht gegen uns, sondern um uns zu helfen, uns einer Situation zuzuwenden, sie zu verstehen oder zu bewältigen.

Herz und Atmung verändern sich, Muskeln spannen sich leicht an, die Aufmerksamkeit richtet sich nach außen. Es ist, als würde der Körper sagen:

„Ich bin hier – ich unterstütze dich.“

Diese Aktivierung ist ein Ausdruck von Intelligenz, nicht von Störung. Sie hilft uns, klar zu bleiben, uns anzupassen, Entscheidungen zu treffen, auf das Leben zu antworten.

Wenn diese Wachheit zu lange anhält, verliert das System seine natürliche Rhythmik. Etwas in uns bleibt angespannt, selbst wenn der Moment längst vorüber ist. Dann beginnt das, was wir oft als Stress erleben – nicht, weil der Körper „falsch“ reagiert, sondern weil er vergessen hat, dass er sich auch wieder beruhigen darf.

Kleiner Kontakt statt „runterregeln“: Oft reicht es, sich kurz zu orientieren: sehen, hören, den Boden spüren. Manchmal genügt ein Moment, um innerlich etwas mehr Raum zu spüren.

3) Wenn alte Rollen wach bleiben

Manchmal ist es nicht nur der Körper, der wach bleibt. Es sind auch die Geschichten, die wir über uns erzählen – die Rollen, in denen wir uns sicher fühlen, die Vorstellungen davon, wer wir sein müssen, um dazuzugehören.

Vielleicht ist es die Rolle der Starken, die keine Pause braucht. Oder die der Fürsorglichen, die immer da ist. Oder die des Kontrollierten, der alles im Griff hat. Die Fürsorgliche bemerkt vielleicht, dass „Nein“ sagen sich wie Druck im Hals anfühlt. Der Kontrollierte merkt, dass Entspannen sich zuerst unsicher anfühlt.

Diese inneren Bilder waren einmal wichtig. Sie gaben uns Halt, Orientierung, vielleicht sogar Zugehörigkeit. Doch manchmal halten sie uns auch in Anspannung, weil wir unbewusst weiterleben, was früher nötig war.

Wir dürfen diese alten Rollen und Strategien mit Achtung betrachten – nicht, um sie loszuwerden, sondern um zu erkennen, dass das, was einst sinnvoll war, heute vielleicht nicht mehr in gleicher Weise gebraucht wird.

So entsteht langsam Raum für neue Erfahrungen: für eine Sicherheit, die weniger aus Kontrolle, sondern mehr aus Kontakt entsteht.

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4) Stress als Zustand des Getrenntseins

Stress kann man auch als einen Zustand des Getrenntseins verstehen. Damit ist nicht gemeint, dass wir wirklich getrennt sind – sondern dass unsere Wahrnehmung enger wird. Wir verlieren den Kontakt zu dem, was gleichzeitig auch da ist: unser Atem, unser Körper, unsere Fähigkeit, uns zu spüren.

Unter Stress fokussiert sich das Nervensystem auf das, was gerade „überleben“ sichert. Wir reagieren, statt zu wählen. Wir tun, statt zu fühlen. Und manchmal spüren wir uns kaum noch.

Doch Verbindung verschwindet nicht. Sie kann sich zurückziehen, überdeckt von Anspannung, Gedanken oder alten Schutzmustern – aber sie bleibt als leiser Strom im Hintergrund. Es ist weniger ein Entweder-Oder, sondern ein Pendeln zwischen Nähe und Distanz.

Vielleicht merkst du sie in einem kurzen Atemzug, in einem Moment von Stille, oder in dem Augenblick, in dem du bemerkst, dass du gerade festhältst.

Verbindung muss nicht hergestellt werden – sie ist immer da. Wenn das Nervensystem lernt, wieder etwas mehr Raum für Wahrnehmung zu öffnen, wird diese Verbindung fühlbarer. Dann ist Stress nicht mehr nur Druck, sondern auch eine Einladung: Etwas in uns möchte wieder in Beziehung kommen – mit uns selbst, mit dem Leben, mit anderen.

5) Verbindung als Weg zur Regulation

Wenn wir gestresst sind, versuchen wir oft, uns „zusammenzureißen“ oder „ruhig zu bleiben“. Doch Regulation entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch Verbindung.

Regulation entsteht im Kontakt – mit uns selbst, mit dem Körper, mit jemand anderem. Wir müssen Stress also nicht „wegmachen“, sondern dürfen lernen, inmitten des Stresses in Kontakt zu bleiben.

Manchmal geschieht das in ganz kleinen Momenten: Ein bewusster Atemzug. Ein kurzes Wahrnehmen, dass die Schultern angespannt sind. Oder ein ehrliches Gespräch, das etwas Weichheit bringt.

Wahlfreiheit: Wenn Atmen sich unangenehm anfühlt, ist Bewegung oder Orientierung mit den Augen oft leichter. Dein Körper darf wählen, was sich sicher anfühlt.

In solchen Augenblicken öffnet sich das System wieder ein Stück. Nicht vollständig – aber genug, um zu spüren: Ich bin da. Und etwas in mir reagiert.

Wir lernen gemeinsam – in einem sicheren Raum – was es braucht, um sich sicher zu fühlen und den Kontakt neu zu erfahren: mit uns selbst, mit dem Körper und mit dem, was uns umgibt.

Diese kleinen Bewegungen sind keine Nebensache – sie sind der Weg, auf dem das Nervensystem lernt, dass Sicherheit und Lebendigkeit gleichzeitig möglich sind.

6) Kleine, alltägliche Schritte

Veränderung beginnt oft im Kleinen. Nicht durch große Entscheidungen, sondern durch kurze Momente von Wahrnehmung.

  • Atme langsamer aus, als du einatmest. Das signalisiert dem Körper: Es ist genug.
  • Bewege dich kurz. Ein paar Schritte, Schulterkreisen, Dehnen. Bewegung bringt Energie ins Fließen.
  • Spüre den Boden. Fühle die Füße, das Gewicht, den Kontakt.
  • Mach eine Pause, bevor du reagierst. Ein Atemzug, ein Blick aus dem Fenster, ein Moment der Stille.
  • Such Kontakt. Manchmal beruhigt es, einfach kurz mit jemandem zu sprechen oder einen Blick zu teilen.

Beispiel – Ein Moment, in dem etwas Halt findet

Thomas, 42, kommt abends nach Hause. Der Tag war voll – Termine, Mails, Telefonate. Er legt das Handy weg, kocht sich etwas, setzt sich hin. Der Körper macht weiter: die Schultern oben, der Atem kurz. Er merkt es – zuerst nur vage, fast widerwillig.

Für einen Moment bleibt er einfach sitzen. Spürt den Rücken an der Lehne, das Gewicht der Füße. Kein tiefer Atem, kein „Runterkommen“. Nur Dasein.

Etwas in ihm wird stiller. Er bemerkt, wie müde er eigentlich ist – und dass die Müdigkeit sich gar nicht gefährlich anfühlt, sondern ehrlich.

Vielleicht ist das der Anfang von etwas Neuem: nicht weniger Stress durch Kontrolle, sondern mehr Kontakt, weil er sich selbst wieder ein Stück näher ist.

7) Momente, die uns zeigen, dass Veränderung möglich ist

Viele Menschen haben bereits Erfahrungen gemacht, in denen weniger Stress spürbar war – ein Moment der Ruhe, ein Atemzug, ein Gespräch, das etwas weicher wurde.

Diese Augenblicke sind kostbar. Sie zeigen, dass Veränderung möglich ist – nicht als Leistung, sondern als Erfahrung, die sich in uns ereignet, wenn Verbindung wieder fühlbar wird.

8) Begleitung & Unterstützung

Ich begleite Menschen, die ihren Stress besser verstehen und regulieren möchten – in einem ruhigen, sicheren Rahmen – aktuell meistens online. Gemeinsam erkunden wir, was deinem Nervensystem hilft, wieder mehr Sicherheit und Verbindung zu spüren – Schritt für Schritt.

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Autor: Rafael Prentki – Heilpraktiker für Psychotherapie 
Rafael Prentki 
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Rafael Prentki - Heilpraktiker Psychotherapie - NARM Practitioner

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